Der Goldene Steig
im Böhmerwald
Salz mehr als Gold
Der Salzmangel in Böhmen war einer der Grunde, warum die alten Tschechen
Kontakte mit Ausland anzuknüpfen pflegten. Die ersten Nachrichten vom Salzhandel
erscheinen bereits im 9. Jh. Salz war schon vom Anfang an ein unerläßlicher
Speisezusatz und der wichtigste Konservierungsstoff. Salz aus den Bergwerken
im Gebiet der heutigen Reichenhall in Bayern, Hallein, Hallstadt, Ischl und Aussee
in Österreich kam durch Handelsmärkte an Donau auch nach Böhmen. Fast Monopolstelle
im Salzhandel erwarb die Stadt Passau wegen der günstigen Lage an Flüssen Inn und Donau.
Alte Handelswege
Vom Donaugebiet aus führten über Böhmerwald Handelswege, von denen der Gunthersteig
(Böhmweg, Via Bohemorum) der älteste war. Er führte von Deggendorf am Steindlberg
vorbei, über Hohenstegen, Hartmanice und Susice und entstand bereits vor der Wirkung
des Einsiedlers Gunther (+ 1045). Dieser Wege waren nur schmale Gehsteige für Fußgänger
oder Saumtiere. Die wirklichen Handelsstraßen entstanden bis unter Karl IV.
Der Goldene Steig
Die Verbindung Böhmens mit Passau und einigen Handelszentren im Donaugebiet
sicherte ein System vom Saumwegen, die seit 16. Jh. Goldener Steig genannt
wurden. Das Vorrecht im Salzhandel hatte traditionell Prachatice. Ebenso
Vimperk hatte seit 1312 seinen Weg nach Passau, der an der Grenze an Wachtürmen
vorbeiführte (Ortsnamen Königswarte, Kungeslen, Kynzvart, Strazny). Für die
nächste Zeit überlegt man von einer Abzweigung des Goldenen Steigs bei Volary
in der Richtung nach Vimperk und Kasperske Hory (Bergreichenstein). Der
Reichensteiner Steig von der königlichen Burg Kasperk geschützt und durch
goldhältiges Gebiet führend diente seit 1366.
Beförderungsart
An den Handelswegen im Böhmerwald machten sich verschiedene Beförderungsarten
geltend. Die Ware wurde einfach an den Schultern und am Rücken getragen, auf
Karren geschoben. Für größere Entfernungen wurden verschiedene Wagen oder
Tiere (Pferde, Maultiere Esel) verwendet. Die auf den Tieren beförderte
Fracht nannte man Saum (vom griechisch-lateinischen "sagma", was Sattel mit
Ranzen bedeutet.
Säumer
Säumer waren jene Männer, die den Warentransport mit Hilfe von Tieren durchführten.
Ein Saumpferd trug einen Last mit Gewicht von etwa drei Zentner (ca. 185 kg).
Salzfässer, flache Weingefäße oder Pakete wurden auf besondere Holzträger oder Sattel befestigt.
Die Salzfässer wurden in der Regel in die gleichgewichtige Lage an beiden Seiten
des Tieres gehängt. Die Säumerbeförderung trieben neben der Einwohner der am Steig
gelegenen Orten auch Bauern aus der Umgebung mit ihren Söhnen und Knechten als
Nebengewerbe. Manchmal tritten sie in Dienst zu den Kaufmännern - Großhändlern.
Karawanen und transportierte Ware
Der Handelsweg aus Passau über Kvilda und Kasperske Hory schon seit seiner
Gründung 1366 ermöglichte Fuhrbeförderung mit Lastwagen. Wegen größeren
Sicherheit vereinigten sich die Säumer und Kaufleute in Karawanen. Manchmal
war es nötig, damit die Karawane eine bewaffnete Begleitung bekam, die im Mittelalter
vom Landesherrn gegen Entgeld geboten wurde.
Der Transport wurde ganzes Jahr getrieben, aber der größte Verkehr begann
erst nach der Ernte, als es genug Getreide gab - die wichtigste Ware für
Salzumtausch. Im Winter bei guten Schneebedingungen benutzte man Schlitten
mit Pferdegespann. Man braucht gar nicht zu erklären, daß an den Handelswegen
zahlreiche Kneipen entstanden.
Außer Salz wurde aus dem Donaugebiet bayerische Leinwand, verschiedene Tuche,
Weine, Gewürz und andere Ware eingeführt, luxusvollen Gegenstände inbegriffen.
Aus Böhmen wurden Getreide, Malz, Honig, Eier, Fische und Vieh ausgeführt.
Reichensteiner Weg
Die erste Nachricht vom Bergreichensteiner Weg nach Passau stammt aus gleichem
Jahre, als der Bau der Burg Karlsburg anfing - 1356. Heinczinus Bader erwarb
in diesem Jahre von Karl IV. in Erbegebrauch ein Grundstück bei Ortschaft
Cervena für treue Dienste bei Suche und Trassierung der neuen Straße.
Die Stadt Reichenstein war in der Zeit ein wichtiges Zentrum der Goldförderung.
Ihre Stellung wurde nicht nur durch den Burgaufbau, sondern auch durch Lage des
Handelsweges stärker.
Aufgabe der königlichen Burg - Karlsburg
Die Aufgabe der Burg, die den Namen ihres Gründers Karl IV. trug, war außer
dem Goldgrubenschutz auch Schutz des internationalen Handelsweges. Sein
Aufbau war im harten Klima des Urwaldes keine leichte Gelegenheit, da kann
man sich nicht wundern, daß die Arbeit über zehn Jahre dauerte. Der Weg mußte
zahlreichen Mooren ausweichen. Man mußte Bohlenübergänge legen oder die Straße
mit Steinen verfestigen. Bäche wurden in seichten Furten oder über hölzerne
Brücken überschritten. Die schwerste Arbeit stellte jedoch die Abschaffung
der bisher unberührten Urwaldbestände dar.
Um bessere Aussicht zu ermöglichen und überraschende Räuberangriffe zu vermeiden,
wurden seit dem 14. Jh. die Bäume auf beiden Seiten der Straße gefällt - in
unübersehbaren Abschnitten bis 30 m von der Straße weit.
Bergreichensteins Bedeutung und Privillegien
Als 1366 die Straße aus Passau über Kvilda nach Böhmen vollendet wurde, erwarb
Kasperske Hory (Bergreichenstein) das Handelslagerrecht. Karl IV. befiel allen
Kaufmännern, die den Handelsweg fahren, in Bergreichenstein zu übernachten. Wer
das nicht geachtet hatte, sollte Strafe von 100 Pfund Gold bezahlen, aus denen
eine Hälfte an Königskammer und die andere der Stadt kam.
Alle Kaufmänner mußten auch einen Heller pro Pferd bezahlen. Auch Karlsburg
hatte Majestät von Karl IV., in dem stand, der Weg aus Passau solle freigehen,
von Kaufleuten solle kein Zoll entnommen werden, mit Ausnahme wenn sie Gold
oder Silber gefahren hätten.
Hussitenkrieg
Im Hussitenkrieg und in der chaotischen Zeit danach erlitt der Handel an Böhmwegen.
Aus der Zeit stammen Nachrichten über Ausfälle aus Böhmen nach Bayern. Die Stürmer,
unter denen auch Besatzung der Karlsburg nicht fehlte, brannten einige Dörfer aus
und stiehlen Vieh, was von der bayerichen Seite erwidert wurde.
1458 wird angeführt, Zdenek aus Sterberg, Besitzer von Karlsburg, habe die
verödete Passauer Straße repariert, die dann "wie in alten Zeiten" befahren
werde. Die Säumerbeförderung aus Passau über Freyung nach Bergreichenstein
erneute sich voll bis am Anfang des 16. Jhs. Ein lebhafter Verkehr tritt auch
auf den Weg aus Violshofen über Grafenau ein, der "Goldene Strasse" benannt wurde.
Salz aus Bayern
1571 erwarben die Städte Kasperske Hory, Susice und Klatovy kaiserliche Bestätigung
des Handelslagerrechts. In die Lager wurde vor allem Salz der bayerischen Herzogen
geliefert. Diese bis das 17. Jh. erfolgreich konkurrierten den Städten Passau und
Prachatice. Bayerisches Salz wurde auf Inn nach Schärding zu St. Nikolaus bei Passau
befördert. Von hier aus wurde es über Vilshofen und Grafenau nach Kasperske Hory,
Susice und Klatovy gefahren.
Heute
Die Erinnerung an Handelsverkehr im Böhmerwald sind heute nur gelbliche
Schriftstücke in Archiven, einige Ortsnamen und Spuren im Gelände. Die Reste
der mittelalterlichen Straßen sind in den Wäldern bei der Staatsgrenze und
in der Gegend von Zhuri, Horska Kvilda, Flusarna und Kozi hrbet markant. Das
Aussuchen der Reste erleichtert die handgemachte Karte "Goldene Strassen
Reichensteiner" aus 1736.
Bedeutung der Böhmwege
Die alten Handelswege im Böhmerwald waren nicht nur aus der Sicht des Handels
und Reisens wichtig. Die Bedeutung liegt auch im Kulturbereich. Es ist
erfreulich, daß mit der historischen Erinnerung die Mühe wiederbelebt, die
Wege zur Erneuerung der freundlichen Beziehungen auf den beiden Seiten der
Böhmerwalder Grenze zu finden.
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