Der Grenzbahnhof
Bayerisch Eisenstein - Zelezna Ruda

Geschichte

Das Bahnhofsgebäude

Bilderliste mit Beziehung auf Bahnhof:
  • Bahnhofsgebäude in der Vergangenheit
  • Historische und heutige Uniformen
  • Uniformen der Zollbeamten (tschechischen und bayerischen)
  • Gründung des Grenzbahnhofes

    Ein Höhepunkt in der Geschichte Bayerisch Eisensteins war der Eisenbahnbau von Deggendorf über Eisenstein nach Pilsen und die Eröffnung des Grenzbahnhofes 1877, der im Elisenthaler Ortsteil (jetzt Alzbetin) von Markt Eisenstein mitten auf die Grenzlinie gesetzt wurde, die durch den Mitteltrakt des Empfangsgebäudes lief. Dadurch wurde eine Touristenattraktion geschaffen, die mehr dem bayerischen als dem böhmischen Eisenstein zugute kam.

    Bedeutung der Gründung

    Mit dem Grenzbahnhof entstanden in Bayerisch Eisenstein Gasthöfe, Pensionen und Hotels. Der schnell aufblühende Fremdenverkehr schuf bescheidenen Wohlstand. Man kann ohne Übertreibung sagen, daß der Bahnhof ein Entwicklungshelfer für Bayerisch Eisenstein gewesen ist. Es handelte sich in der Tat um ein für die damalige Zeit stattliches Gebäude von 120 m Länge mit einem Mitteltrakt, der den österreichischen und bayerischen Bahnverwaltungen gemeinsam diente, und zwei Seitenflügeln, die die Bahnbetriebs-, Zoll- und Telegrafenämter beider Länder aufnahmen. Dem Empfangsgebäude gegenüberliegend wurden Frachtmagazine und Zollabfertigungshallen errichtet. Zwischen dem Bahnhofsgebäude und den Magazinen verlegte man elf Gleise. Ein großer Lokschuppen für zehn Maschinen (jetzt zum LokalbahnMuseum umgebaut) mit Werkstätte und einer Drehscheibe zum Umsetzen der Dampflokomotiven, von denen eine auf einem Messingschild den Namen "Eisenstein" trug, schloß das Bahnhofsgelände auf der bayerischen Westseite ab. Auf der böhmischen Ostseite wurde ein Langschuppen mit zwei Lokständen an das Ende des Bahnhofsgeländes gesetzt, für dessen Beleuchtung eine eigene Gasanstalt in Bayerisch Eisenstein sorgte.

    Der neue Ortsteil Eisenstein Bahnhof

    Auf der österreichischen Seite waren unter einem Oberoffizial als Chef etwa zwanzig Bahnbeamte tätig, ebensoviele auf der bayerischen Seite unter einem königlichen Staatsbahnoffizial als Vorstand. Sie wurden wie auch die Post- und Zollbeamten aus allen Teilen Bayerns nach dort versetzt und verliehen sehr bald der armen Waldbauern- und Häuslergemeinde ein völlig neues Bild. Da es in dem abgelegenen Ort kaum Wohnungen gab, baute die bayerische Eisenbahnverwaltung drei klotzige Beamtenwohnhäuser, die heute als Unterkunft für Aussiedler dienen. So entstand um den Grenzbahnhof im Regental ein neuer Ortsteil, den man "Eisenstein-Bahnhof" nannte. Mit der Entwicklung des Fremdenverkehrs und der zunehmenden Zahl der Wohn- und Gasthäuser wuchs der bayerische Eisenstein mit seinen verstreuten Weilern und Einödhöfen bald zu einer richtigen Gemeinde zusammen, deren Zentrum nun nicht mehr das am Berg gelegene Bayerisch Häusl, sondern der neue Ortsteil Eisenstein-Bahnhof war.

    Der Bahnhof nach dem Anschluß an das Deutsche Reich

    Die nächsten einschneidenden Veränderungen ergaben sich 1938/39 nach dem Anschluß des Sudetenlandes an das Deutsche Reich. Nicht nur das Eisensteiner Tal mit Markt und Dorf Eisenstein war jetzt wieder deutsch, auch die Grenze gegenüber der Tschechoslowakei bzw. ab März 1939 dem Protektorat Böhmen und Mähren verlief nunmehr hinter Neuern etwa 10 km vor Klattau. Eisenstein verlor seinen Charakter als Grenzstation. Die Deutsche Reichsbahn änderte jetzt auch den Stationsnamen von "Eisenstein" in "Bayerisch Eisenstein" um.

    Der neugeschaffene Landkreis Markt Eisenstein

    Die historisch begründete Einheit des Eisensteiner Tales mit seinen ganz überwiegend deutschen Bewohnern, die 1764 durch den Grenzhauptvertrag zwischen Bayern und Böhmen aufgehoben worden war, aber erst seit 1831, als die Kirche in Markt Eisenstein für die bayerischen Eisensteiner endgültig geschlossen wurde, merkliche Auswirkungen zeigte, wurde nicht wiederhergestellt. Die bisher zur Tschechoslowakei gehörenden Gemeinden Dorf und Markt Eisenstein kamen zwar zum Land Bayern, fielen aber in einen neugeschaffenen Landkreis, dessen Amtsort Markt Eisenstein wurde. Bayerisch Eisenstein blieb im Landkreis Regen.

    Besetzung von der amerikanischer Armee

    Turbulente Zeiten durchlebten Bayerisch Eisenstein und der alte Grenzbahnhof im Jahre 1945. Damals verlief die einzige noch nicht feindbedrohte Eisenbahnstrecke zwischen Berlin und den als letzte Zuflucht angesehenen bayerischen Alpen über Eisenstein. Am l9. und 2l. April l945 wurde das Dorf von Tieffliegern angegriffen. "Die halbe Ortschaft flüchtete in den Wald", notierte der Bayerisch Eisensteiner Pfarrer Josef Karl in seine Kirchenchronik. "Gleichzeitig wurde Eisenstein ein wichtiges Zentrum", schrieb er weiter. "Hier war schon vorher ein Zug mit internierten Diplomaten gestanden, jetzt kam der Befehlszug der Armee Schörner hierher, ebenso das (Reichs)kriegsgericht mit zusammen 30 Generalen, und die Reichsbank suchte zeitweilig hier Zuflucht. Der gejagte Göring kam mit Gefolge hier durch, Flüchtlingszüge, Militärzüge, Munitions- und Lazarettzüge folgten oder kreuzten sich hier bis zum 23. April." Als am gleichen Tag die Stadt Regen von den Amerikanern besetzt wurde, ging in Eisenstein kein Zug mehr ab. "So sammelten sich" schrieb Pfarrer Karl, "allein auf dem Bahnhof gegen 1.500 Menschen, die in Personen- und Güterwagen hausen mußten." Am l. Mai um 14.45 Uhr wurde Bayerisch Eisenstein von der amerikanischen Armee besetzt, wenig später Markt Eisenstein. US-Feldpolizei übernahm die Kontrolle über die alte Grenze von l938, die für den allgemeinen Verkehr sofort gesperrt wurde.

    Einstellung des Eisenbahnverkehrs

    Der Eisenbahnverkehr, der nur noch einem Wagenaustausch diente, wurde auf der tschechischen Seite ab 1953 gänzlich eingestellt. Über die gesamte Breite der Gleisanlagen zogen die Tschechen einen hohen Drahtzaun. Der tschechoslowakische Teil des Grenzbahnhofes lag seit dem Frühjahr 1948 nach der Machtübernahme durch die Kommunisten in einer militärisch stark gesicherten Grenzsperrzone, die auch die eigenen Staatsbürger nur mit Sonderausweisen betreten durften. Auf dem Vorplatz des Grenzbahnhofes errichteten die Amerikaner im Janüar l947 einen Bretterzaun als zusätzliche Grenzsicherung und als Sichtschutz. . Im deutschen Teil des Grenzbahnhofes regte sich dagegen schon bald neues Leben. lm Dezennber 1945 wurde die Strecke Bayerisch Eisenstein - Plattling wieder in Betrieb genommen, und im April 1946 übernahm die neuerrichtete Bayerische Grenzpolizei die Aufsicht über den Bahnhof und den Grenzverlauf. Die amerikanische Feldpolizei zog 1948 ab.

    Der Bahnhof in der kommunistischen Ära

    Alle Hoffnungen auf eine Wiedereröffnung des Eisenbahnverkehrs mit der Tschechoslowakei waren seit 1953 verflogen. Der tschechische Bahnhofsteil war verlassen, die dortige Zugangsstraáe von kniehohem Unkraut überwuchert. Der Eiserne Vorhang schien für eine nicht mehr absehbare Zeit heruntergegangen zu sein, und in Bayerisch Eisenstein war die Welt im wahrsten Sinne des Wortes mit Brettern vernagelt. Die Deutsche Bundesbahn baute l980 am Grenzbahnhof Stellwerk und Signale ab. Der Fahrkartenschalter war nur noch stundenweise besetzt. Ein Fachmann kommentierte die Lage am Grenzbahnhof 1985 so: "Eine gespenstische Atmosphäre liegt über dem geteilten Bahnhof an der Grenze, wenn abends noch ein Zug einfährt, wenn der Schaffner als erster aus dem Wagen springt, die Beleuchtung schnell einschaltet, die Bahnhofstür aufschließt und die wenigen Reisenden an der Bahnhofswirtschaft vorbei über die Nottreppe in der Dunkelheit verschwinden." Nur über die Landstraße gab es seit l969 wieder einen bescheidenen Grenzverkehr mit der Tschechoslowakei, der aber durch kostspielige Sichtvermkerke, Pflichtumtausch von Geld und scharfe Kontrollen erheblich behindert war.

    Die Wiedereröffnung

    Erst nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes gelang es den Bemühungen des Bayerisch Eisensteiner Bürgermeisters Josef Gabriel und des Bundestagsabgeordneten Ernst Hinsken, die Wiedereröffnung des grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehrs durchzusetzen. Gemeinsam mit Bundeskanzler Helmut Kohl und mit zahlreichen Vertretern des öffentlichen Lebens aus beiden Ländern feierte die Bevölkerung von Bayerisch Eisenstein und Zelezna Ruda am 2. Juni 1991 dieses Ereignis.


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